Johannes Hübner (Foto: Arik Platzek)

Johannes Hübner (Foto: Arik Platzek)

Am Tag der ersten großen Greifswalder Fahrradverkehrszählung seit 1991 hat die Spannung den Geographiestudenten Johannes Hübner vermutlich lange wach gehalten. In einer Zwei-Wochen-Aktion war es ihm gelungen, 129 Studenten der Uni Greifswald zu finden, welche an 45 Zählpunkten im gesamten Stadtgebiet den Greifswalder Fahrradverkehr von 6 bis 20 Uhr zählen sollten.
Ziel seiner Projektarbeit in der Projektgruppe Klimaschutz: Grundlagen für ein zukünftiges Radverkehrskonzept für die Stadt Greifswald zu schaffen. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Zölitz-Möller vom Geografischen Institut, sowie Gerd Imhorst und Karl Hildebrandt vom Stadtbauamt wurde ein Netz von Zählpunkten erarbeitet, das die Fläche der Stadt möglichst repräsentativ abdecken sollte. Insgesamt wurden 128 Straßenabschnitte des Haupt- und Nebenroutennetzes erfasst. Man ahnte, dass starke Veränderungen sich zeigen würden und war dann doch erstaunt.

Die Zahl der zwischen 12 und 16 Uhr in der Wolgaster Straße gezählten Radfahrer stieg beispielsweise von 245 auf 1087, eine Steigerung um 343 Prozent. In der Anklamer Straße gab es eine Steigerung um 232 Prozent auf 1754 Radfahrer im genannten Zeitraum. Wenig hat sich dagegen in der Pappelallee getan: Mit 1451 Radfahrern stellte man eine statistisch zu vernachlässigende Veränderung fest.

Natürlich wurden hier, wie auch überall, alle vorbeifahrenden Radfahrer gezählt. Also auch die, welche zweimal einen Zählpunkt passierten. Ein Wermutstropfen für die Studenten, die schon immer dachten, dass es in Greifswald mehr Räder als Menschen gäbe: Eine Zahl der in Greifswald vorhandenen Fahrräder konnte so nicht ermittelt werden.
Trotzdem hatten Johannes Hübner und Karl Hildebrand Interessantes zu berichten. Die Berechnungen ergaben, dass die gefahrenen Fahrradkilometer im gesamten Netz der Stadt rund 129.000 Kilometer ausmachen – was ungefähr dreimal dem Umfang des Äquators entspricht. Würden alle mit dem Fahrrad zurückgelegten Kilometer mit dem PKW zurückgelegt, ergäbe sich ein zusätzlicher CO²-Ausstoß von 21 Tonnen pro Tag. Den dichtesten Radverkehr im Greifswalder Routennetz findet man am Mühlentor: Im Erfassungszeitraum wurden hier knapp 12.000 Fahrradfahrer gezählt. Karl Hildebrand folgerte deshalb zur Frage nach Greifswalds Weg zur Fahrradhauptstadt: „Die Zahlen sprechen für sich. Greifswald hat das Potential dazu.“
DIE ZEIT „Campus“ meldete wenige Tage nach der Zählung mit Verweis auf das CHE-Hochschulranking, dass mit 89 Prozent Zustimmung die Greifswalder Studenten Spitzenreiter unter den studentischen Fahrradfahrern wären. Damit liegt die Quote der radfahrenden Studenten noch neun Prozent höher als, in der „bisherigen Fahrradhauptstadt“ Münster.

Anklicken zur Vergrößerung (Illustration: Stadt Greifswald)

Auch Gerd Imhorst vom Stadtbauamt zog positive Schlüsse. Ein Ausbau der Radwege auf den Hauptrouten der Fahrradfahrer ist trotz aller Erfolge weiter erforderlich, wenn Greifswald ein innovatives und zukunftsfähiges Radverkehrskonzept anstrebt. Momentan wird die Bahnhofsstrasse dazu ausgebaut.

Für die Zukunft in Betracht gezogen wurden ferner Radschutzstreifen auf der sehr engen Friedrich-Löffler-Straße, die Verbesserung der nur in einer Richtung befahrbaren Radwege der Anklamer Straße und die Erneuerung der Radwege in der Gützkower Straße. Außerdem wird die Einrichtung zusätzlicher Zebrastreifenübergänge, von denen es bisher nur drei in Greifswald gibt, als sinnvoll erachtet. Spontan befragt, hielt Gerd Imhorst einen Übergang vor dem LIDL-Markt an der Anklamer Straße für richtig. „Trotzdem“, so relativierte er, „ist der Ausbau des Radverkehrsnetzes auch eine Frage von Haushaltsgeldern“. Versprechen wollte er deswegen nichts genaues.

Oberbürgermeister König ließ aber verlauten: „Die Radwege haben für die Stadt eine hohe Priorität. Wenn mehr Studenten ihren Erstwohnsitz in Greifswald anmelden, stünde auch mehr Geld für neue Radwege zur Verfügung.“