Ein Kommentar zur Vollversammlung 2009

Immerhin 350 Studierende wollten gestern hören, sprechen, mitbestimmen. Darunter auch viele, die zum ersten Mal eine Vollversammlung besuchten – sowohl aus höheren Semestern wie auch als „Erstis“. Es galt deshalb, diese auch für die nächste Vollversammlung zu gewinnen. Mehr noch als bei der großen Versammlung im Sommer kann man guten Mutes sein, dass das gelungen ist aber ein beklemmendes Gefühl war trotzdem da.

Das Gute vorweg: Mehr als auf vorangegangenen Versammlungen gab es viele Anträge von den Interessenvertretern aus dem StuPa, die schließlich teils sehr kontrovers diskutiert wurden. Und man langweilte sich weniger über improvisierte Schnellschüsse, deren Inhalt das Interesse von Mehrheiten nicht mitzuziehen gelang. Wo früher langwierig über die Beschaffenheit von Unversitäts-Toilettenpapier gestritten wurde, hatten viele Themen nun breiteren Bezug. Es zeigte sich, dass es für aktive, lebhafte und mitreißende Debatten auf Vollversammlungen hilfreich ist, wenn politische Gruppen oder einzelne Studierendenvertreter die Anliegen ihrer alten und vielleicht neuen Wähler selber in diese Veranstaltung einbringen – und ihre ureigenste Aufgabe nicht vielbeschäftigten AStA-Referenten aufbürden, wie es früher oft geschah. Dass an der Debattenkultur zu feilen ist und auch dem AStA das Recht zu eigenen Anträgen nicht abgesprochen werden soll, bleibt gleichwohl unbestritten.

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Erst kurz vor Beginn der Vollversammlung wurden Stühle im Saal erlaubt, gereicht hätte der Platz auch anders nicht.

Ein Antrag jedoch wurde schließlich einfach vergessen, einer der wichtigsten überhaupt. Vielleicht sah man den Wald vor Bäumen nicht, aber unserer Vollversammlung fehlt der Platz. Viele Studierende, die nach Beginn eintrafen, gingen bald wieder heim: Das gedrängte und bedrängende Stehen an einer zugigen Tür lud niemanden ein und die Unerkennbarkeit der projizierten Anträge auf der Leinwand am Präsidium machte eine Teilnahme schließlich fast unmöglich. Man sollte um dieses Thema keine Henne-Ei-Debatte starten: Aber die Vollversammlung braucht einen größeren Raum.

Die Aussichtsplattform

Im Greifswalder Dom wäre mehr Platz gewesen.

Wer eine wichtige Vorlesung sausen lässt, um festzustellen, dass für ihn kein Platz mehr ist, begeht diesen Fehler kein zweites Mal. Diese Studierenden kommen nicht wieder und gehen dieser Institution verloren, da helfen weder starke Themen noch Schokoladenkekse. Mehr noch als bei Vorlesungsräumen verlangt die für die nächste Klausur absolut irrelevante Vollversammlung nach einer Halle, welche diesem Gremium die Luft lässt, die es zum Wachsen braucht. Und einig sind wir uns hier hoffentlich alle: die Vollversammlung soll wachsen.

Ob im großen oder kleinen Saal der Mensa, beschlussfähige Vollversammlungen, die das Quorum leicht übertreffen und nicht nur knapp erfüllen, finden hier niemals Platz. Der Hörsaal Kiste reicht nicht aus und trotz exzellenter Ausstattung mit Projektionsleinwänden ist auch der Hörsaal der Wirtschaftswissenschaften zu klein.

Schon im Sommer fror ich im Innenhof des alten Campus, vielen Juni-typisch dünn bemantelten Studierenden war das Hocken auf dem Betonboden weit vor dem Ende der Veranstaltung zu viel, sie gingen – trotz Spaghetti Bolognese und Klopapierdebatte.

Zwei Vollversammlungen haben nacheinander bewiesen: Ein Potential zum Wachstum ist da. Jetzt sollten unsere Interessenvertreter nicht auf die nächste Dürre hoffen, damit sich dieses „Problem“ von selber erledigt, sondern dem zarten Pflänzchen „Mitbestimmung“ einen Weihnachtswunsch erfüllen: Die Vollversammlung „umzutopfen“ und zwar am besten in den Dom.

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