Artikel 10: Anspruch auf ein faires Gerichtsverfahren

„Jeder Mensch hat […] Anspruch auf ein der Billigkeit entsprechendes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht, das über seine Rechte und Verpflichtungen […] zu entscheiden hat.“

Heute erscheint der fünfte Artikel in unserer Serie über Menschenrechte aus Anlass der Entwicklungspolitischen Tage. In dieser Woche stellen wir täglich ein anderes Menschenrecht vor. Die Texte wurden uns von den Organisatoren zur Verfügung gestellt.

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Auf dem Schild steht auf Tagalog: „Gloria (Macapagal-Arroyo, die philippinische Präsidentin), AFP (Armed Forces of the Philippines) und PNP (Philippine National Police), wo ist mein Vater?“

Was geschieht aber, wenn es erst gar nicht zu einem Gerichtsverfahren kommt? Ist das auch eine Verletzung des Menschenrechts?

Auf den Philippinen wurden seit dem Amtsantritt der jetzigen Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo 2001 laut der philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan 1.033 Menschen Opfer eines politischen Mordes, während 203 Menschen verschwunden gelassen wurden und bis jetzt vermisst werden. Zudem sitzen momentan 223 politische Gefangene in philippinischen Gefängnissen (Stand: September 2009). Sie warten auf eine gerechte Behandlung und Freilassung, da sie meistens wegen fadenscheinigen Anklagen hinter Gittern sitzen.

Unter den Opfern dieser Menschenrechtsverletzungen sind JournalistInnen, Mitglieder politischer Parteien, Kirchenleute, ZivilgesellschaftlerInnen, GewerkschafterInnen, MenschenrechtsaktivistInnen oder LandreformaktivistInnen. Wegen ihres Kampfes für eine gerechte Landverteilung, für rechtmäßige Löhne und Arbeitsrechte sowie gegen die Umweltverschmutzung durch vor allem ausländische Bergbauunternehmen werden sie vor allem durch staatliche Gewalt verfolgt, schikaniert und im schlimmsten Fall sogar getötet.

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Die mutmaßlichen Täter werden von Menschenrechtsorganisationen und der philippinischen Menschenrechtskommission in den Reihen der Polizei und des Militärs vermutet.

Trotz der Unterzeichnung zahlreicher Menschenrechtsabkommen durch die philippinische Regierung blieb bisher in den meisten Fällen eine umfassende und gründliche strafrechtliche Verfolgung der Täter aus, wenn die Täter überhaupt verhaftet wurden.

Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge hat „die philippinische Regierung durchgehend ihre Verpflichtung gegenüber internationalem Menschenrecht verfehlt, Täter von politisch motivierten Tötungen zur Rechenschaft zu ziehen und somit den Familien der Opfer die Gerechtigkeit verwehrt“.

Das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren wird somit durch den fehlenden Willen der philippinischen Regierung zu einer vollständigen, unparteiischen und ausführlichen Untersuchung der Tathergänge verletzt. Stattdessen herrscht ein Klima der Straflosigkeit – in einer (angeblichen) Demokratie!

Bilder: Veranstalter